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Das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR hat ca. 500 Filme in seinem Auftrag im DEFA-Studio für Dokumentarfilme fertigen lassen. Eine eigens gegründete Abteilung „camera DDR“ im Dokumentarfilm-Studio übernahm die filmische Außendarstellung der DDR im Ausland. In der Zeit von 1962 bis 1989 entstanden Filme, die vor allem im Westen das Bild einer wirtschaftlich, kulturell und sozial starken DDR vermitteln sollten. In der DDR wurden diese Filme meist nicht öffentlich gezeigt. In Botschaften, ausländischen Vertretungen und bei Besuchen ausländischer Delegationen wurden sie vorgeführt. Neben der Produktion einzelner Titel wurden im reglmäßig erscheinendem „DDR-Magazin“ mehrere Beiträge zusammengestellt. Sie machen ca. die Hälfte des Bestandes aus. Insgesamt sind 247 solcher Magazine entstanden.
Die Arbeitsgruppe „camera DDR“, zwanzig Jahre geleitet vom Regisseur Joachim Hadaschik und ausgerüstet mit bester Technik, war unter anderem dafür zuständig, Honeckers Staatsreisen und Gegenbesuche von ausländischen Gästen strikt nach Protokoll zu dokumentieren. Dabei entstanden Arbeiten wie „Bienvenidos, Companeros! Willkommen, Genossen!“ (1974) über einen Sataatsbesuch in Kuba oder auch „Industrieausstellung in Moskau“ (1988), die genauso spannend waren wie ihre Titel. Es wurden jedoch zeitweise die besten Regisseure des Studios für DEFA-Dokumentarfilme verpflichtet, einen Auftragsfilm zu übernehmen. Darunter finden sich Namen wie Jürgen Böttcher, Gitta Nickel, Karlheinz Mund, Peter Voigt und Winfried Junge.
Für die SED-Führung waren diese Filme von großer Bedeutung. Die Filmabnahmen erfolgten, laut Aussage des stellvertretenden Kulturministers der DDR, Peter Lorf, im ZK der SED direkt bei Erich Honecker. Dort versammelten sich die Verantwortlichen der Bereiche Agitation und Propaganda, Kultur und Auswärtige Angelegenheiten. Fand der Film keine Zustimmung, musste er umgearbeitet werden oder verschwand ganz im Archiv.
Es ist anzunehmen, dass die Filme dazu beigetragen haben, ein Bild zu vermitteln, dass die DDR ein wirtschaftlich starkes Land ist und zu den zehn führenden Industriestaaten der Welt zählt. Nach der internationalen Anerkennung der DDR, ihrem Einzug in die UNO und dem KSZE-Vertrag in Helsinki trat die DDR in ihrer Außendarstellung selbstbewusster auf. Die positive Resonanz im Westen hat wohl dazu geführt, dass die DDR-Führung das selbst erfundene Märchen von der zehnstärksten Industriemacht am Ende selbst glaubte.
Der Kinder wegen – Flucht ins Vaterland
Dokumentarfilm, DDR 1963, 16 min
Der durch „Die Kinder von Golzow“ bekannt gewordene Regisseur Winfried Junge zeigt ausreisewillige Westler bei der Einreise in die DDR. Das Hauptmotiv vieler westdeutscher Eltern bei der Flucht in den Arbeiter- und Bauernstaat ist, ihren Kindern eine sichere Zukunft zu bieten, so der Tenor des Films. Auch wenn bis zum Ende der DDR jedes Jahr fast 400 Menschen einen Antrag auf Einreise in die DDR stellten, war dies nur ein Ausschnitt der Wirklichkeit, die von der SED ausdrücklich beabsichtigt war. Angesichts der Tatsache, dass Tausende von Menschen, oft unter Einsatz ihres Lebens, versuchten, die DDR in Richtung Westen zu verlassen, wirkt dies sehr befremdlich.
Regie: Winfried Junge
Winfried Junge
Jahrgang 1935, war ab 1954 einer der ersten Studenten an der Deutschen Hochschule für Filmkunst in Potsdam-Babelsberg. 1961 erhielt er einen Vertrag als Regisseur im DEFA-Studio für Wochenschau und Dokumentarfilme. Junge lebt in Berlin und ist seit 1996 Mitglied der Akademie der Künste Berlin-Brandenburg.
Deutschland – Endstation Ost
Dokumentarfilm, DDR/Belgien 1964, 84 min
Der belgische Dokumentarist Frans Buyens interviewte Straßenpassanten in Ost-Berlin und Dresden, Fabrikarbeiterinnen und Technische Zeichnerinnen der Warnow-Werft in Stralsund, Kleinunternehmer in Chemnitz, LPG-Bauern auf dem Lande, ausländische Studenten am Gottfried-Herder-Institut in Leipzig und Industriearbeiter in Magdeburg und Eisenhüttenstadt. "Die DDR, mit den Augen eines Ausländers gesehen", so lautete der ursprüngliche Filmtitel. Wenige Jahre nach dem Bau der Mauer dokumentierte Buyens Zustimmung, ablehnende Stimmen, auch Ängste der Interview-Partner. Er befragte Grenzsoldaten nach dem Schießbefehl, hielt Zögern und forsche Haltungen fest. Gleichwohl ist es der Film eines Sympathisierenden mit der DDR. Anfänglich von Spitzenfunktionären der SED, des Kulturministeriums und des FDGB gefördert, geriet die Produktion ins Ränkespiel im Vorfeld des so genannten "Kahlschlag"-Plenums 1965. Nur mit Mühe gelang es Buyens, den Film am Rande des Leipziger Dokumentarfilmfestivals zu zeigen. Danach fiel er bis zum Ende der DDR dem Vergessen anheim.
Regie: Frans Buyens
Frans Buyens
wurde 1924 in Belgien geboren. Aus einer Arbeiterfamilie stammend, näherte er sich dem Filmemachen als Autodidakt und realisierte ab Ende der fünfziger Jahre zahlreiche Dokumentarfilme. 2004 nahm sich Buyens, der an einer schweren, schmerzhaften Krankheit litt, das Leben.