DAS SEIL VON STRODEHNE
2021
Das brandenburgische Dorf Strodehne hat ein kollektives Werk produziert: Aus 1021 m diversestem Dorfmaterial entstand ein Seil. Das Seil ist 58,5 m lang und besteht aus 50 individuellen Strängen. In ihm sind Dorfbewohner*innen und ortsansässige Vereine und Institutionen miteinander und mit der Kunst verwickelt. Das Seil verbildlicht in seiner Vielfalt das Dorf als eine über alle Differenzen hinaus funktionierende (Produktions-)Gemeinschaft.
Regie des Produktionsprozesses führen die „Kulturversorgerinnen“ des KVR Gabriele Konsor und Birte Hoffmann zusammen mit der Berliner Künstlerin Gabriele Regiert, die ihre Expertise in der künstlerischer Verarbeitung von Material und ein ganzes Kunstwerk einbringt.
Auf Grund der Unterschiedlichkeit der zu verdrehenden Materialien ist das Resultat des ungewöhnlichen Seil-Drehs für alle Beteiligten ein mit Spannung erwartetes „Open End“.
Der Seiler Detlef Preetz aus Osterburg (Altmark) ist mit seiner Seilmaschine nach Strodehne gekommen, um die gelieferten Stränge zum SEIL zusammen zu drehen. Professionelle Unterstützung bekommt er von der Textiltdesignerin Vera Castelijns, die während ihres Studiums an der Kunsthochschule Weißensee das Seilmachen als Recycling-Methode entdeckte.
Zahlreiche Strodehner*innen aller Altersgruppen wirken vor und hinter den Kulissen an der Drehaktion mit.
Moderiert wird die Performance von Malika Chalabi, Fernsehfrau und Wochenend-Strodehnerin.
Bereits am Vorabend (1. Oktober) stimmt das Künstlerduo Demming&Rieken als „Kinematografische Dorfguerilla“ mit einer Openair-Projektion im Dorfzentrum, die den Produktionsprozess künstlerisch interpretiert, das Dorf auf den Seildreh ein.
1 m = 1 Euro
Alle „Locals“ sind aufgerufen, als persönlichen Beitrag mindestens zehn Meter flexibles Strangmaterial zum Dorfseil beizutragen.
Produktionsziel sind 1000 Meter Material für die Herstellung des kollektiven Seils. Eine Anzeigetafel vor dem KVR zeigt den jeweils aktuellen Score des Produktions-Fortschritts an.
Die Anfertigung der Seilstränge wird bezahlt: 1 m = 1 Euro. Die Produzent*innen können das Geld behalten – oder für eine dem Dorf zu Gute kommende Anschaffung spenden. Wie beim „Crowdfunding“ werden viele kleine Beträge dann zu einer nennenswerten Summe.
Gelieferte Materialien:
Feuerwehrschlauch • Strickband • Ankertau des Traumschüffs • ein Glockenseil der Dorfkirche • Schilfzopf • Luftmaschen • Flatterband • Angelsehne • Abschleppseil+Hundeleine • Koppeldraht • Weidengeflecht • Stränge aus Billardtuch, Bettbezügen, Europaflagge, Sommerkleid, Möbelstoff, Geschirrtüchern, Kittelschürzen, Werkstattlappen, Baufolie, Kleiderstoff, Brandenburg-Flagge, Chemiefaserwolle, Textilkunstwerk, erster Strodehner Arbeitshose, Pferdedecke, Kokosmatte, Plakat Havelfest 2019 und vieles mehr...
Heimarbeit
Video von Roland Eckelt
Der Einsatz der Haushalts-Nähmaschine als Existenzgrundlage von Heimarbeit im 19. und 20. Jahrhundert ist Ausgangspunkt der Videoarbeit von Roland Eckelt. Sein künstlerisches Statement zur Seil-Produktion thematisiert das Verhältnis der Mitwirkenden zu ihren Maschinen und ihrem Produkt. Roland Eckelt: „Der Umgang mit der Maschine setzt berechenbare Handlungen voraus. Namentlich benannte Protagonisten fertigen in Heimarbeit stoffliche Teile, mit dem Ziel, daraus ein Seil zu drehen. Es folgt eine Aufzählung von Merkmalen zur Identifikation mit dem Artefakt.“
„…dass das alles noch lebendig ist, zeigt der Lärm dahinter…“
Hörstück von Julia Tieke
Ein Hörstück der Radiomacherin und „Soundbastlerin“ Julia Tieke, das Klänge aus den Industriestandorten Premnitz und Wittenberge mit dörflichen Alltags- und Arbeitsgeräuschen mischt, begleitete den Seil-Dreh.
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SEIL Produktionsbericht
Print-Publikation
Großformatige Bild-Dokumentation des gesamten Produktionsprozesses.
Fotos: Birte Hoffmann, Bianka Stolz.
Softcover, 36 Seiten.
Zu bestellen gegen 5 Euro Versandkostenpauschale auf Rechnung per Mail.