ORIGINALSCHAUPLATZ DES AMATEURFILMSCHAFFENS
Ausflug ins ehemalige Chemiefaserwerk Premnitz
Ein Prinzip der Filmtage Havelland ist, dass es neben dem Austragungsort Kulturzentrum Rathenow immer einen Nebenschauplatz gibt, der in Bezug zum jeweiligen Festivalthema steht und an dem ein Sonderprogramm statt?ndet.
Der Nebenschauplatz der Filmtage 2005 befand sich in Premnitz. Die 11.000 Einwohner zählende Stadt, größter Industriestandort der Region, liegt rund 10 km von Rathenow entfernt. Nachdem hier bereits in den 1920er Jahren mit der Entwicklung und Produktion von Zellulose-Kunstfasern begonnen wurde, arbeiteten zu DDR-Zeiten im VEB Chemiefaserwerk "Friedrich Engels" bis zu 7.000 Menschen. Auch ein sehr aktives Amateur?lmstudio war dem Werk angegliedert. 1957 gegründet, produzierte es unter der Leitung von Peter Klinkow bis 1989 etwa 34 Filme. Während heute große Teile des Industrie-Areals brach liegen, waren die ehemaligen Mitglieder des Amateur?lmstudios auch nach der Wende als Einzel?lmer aktiv und produzierten nunmehr Filme auf Video. Sie dokumentierten weiterhin die Geschichte des Industriestandorts: So entstand u. a. 2002/03 eine umfangreiche ?lmische Dokumentation über einen nach der Wende privatisierten Produktionsbereich des Chemiefaserwerks und seine Schließung. Der im Rahmen der Filmatge Havelland angebotene Aus?ug in das ehemalige Chemiefaserwerk Premnitz stieß auf großes Interesse der Festivalbesucher. Sie konnten bei einem umfangreichen Programm dem Schaffen der Amateur?lmstudios der DDR an einem Originalschauplatz auf den Grund zu gehen.
Ein Filmprogramm zum Thema HELDEN DER ARBEIT
Gezeigt wurden Amateur?lmstudio-Filme aus der Arbeitswelt: Arbeiterporträts, die pathetisch oder auf persönlich-liebevolle Weise das Arbeits- und Privatleben von Werktätigen dokumentieren; Arbeitsschutz?lme, die in humorvollem oder dramatischem Ton vor Gefahren und Fehlern am Arbeitsplatz warnen; satirische Kommentare auf die Zustände im DDR-Arbeitsalltag. Filme im Programm waren u. a.: LILLY (AFS Premnitz), HOCHÖFNER JÜRGEN RAUER und MESSERSCHARF (AFC Frankfurt / Oder), ERNST-ERNST und BELEIDIGUNG (AFS LPG Linum), DIE KETTE, FREIE FAHRT und DER MINISTER KOMMT (AFZ Senftenberg).
Gesprächsrunden zwischen den Filmen
ordneten das Gesehene ein: Thema war u. a. das Wirken der Betriebs?lmstudios und das Verhältnis von kulturpolitischer Beein?ussung und kultureller Selbstverwirklichung der Werktätigen in der DDR. Anhand der Präsentation der Arbeitsschutz?lme wurde nach der Wirksamkeit der Amateur?lmstudio-Filme gefragt. Auf die Gegenwart bezogen war die Erörterung von Konzepten zur Nutzung des Mediums Amateur?lm im Kontext der Arbeitswelt heute.
Durch das Programm führte Jürgen Herrmann, ehemaliger Leiter des Amateur?lmcentrums Frankfurt /Oder, heute freier Autor und Fernsehjournalist u. a. für MDR, NDR, RBB (Arbeits- und Sozialthemen)
\\In lebhafter Diskussion über Amateurfilm im Kontext der Arbeitswelt: Die ehemalige Betriebsratsvorsitzende des Chemiefaserwerks Premnitz Sabine Kindler, Fernsehjournalist Tim Jaeger, Amateurfilmer Eberhard Rabe, Moderator der Gesprächsrunde Jürgen Herrmann und das Ehepaar Rauer, Darsteller im Film "Hochöfner Jürgen Rauer" (v. l. n. r.)\\